Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl 2025
250612. Die beiden Stolberger Gymnasien, das Goethe-Gymnasium und das Ritzefeld-Gymnasium, luden im Vorfeld der im Herbst anstehenden Kommunalwahl zu einer gemeinsamen Veranstaltung zur Vorstellung der Bürgermeisterkandidatinnen und Bürgermeisterkandidaten der Stadt Stolberg für die diesjährige Kommunalwahl ein. Diese findet am 14.09.2025 statt.
Neben den Bundestags- und Landtagswahlen spielen die Kommunalwahlen im Rahmen der politischen Beteiligung eine ganz wichtige Rolle: Die Bürger entscheiden mit ihrer Stimme direkt über politische Vertretungen vor Ort. Grundsätzlich werden bei Kommunalwahlen Stadtrat bzw. Gemeinderat sowie Bürgermeister gewählt. Vor diesem Hintergrund kamen am 11.06.25 die EF-Schüler beider Schulen in der Aula des Ritzefeld-Gymnasiums zusammen, um den Kandidaten für die anstehende Bürgermeisterwahl auf den Zahn zu fühlen und Aussagen kritisch zu hinterfragen und sich so Anregungen für die eigene Wahlentscheidung zu holen. Diese Diskussion steht in einer langen Reihe von Veranstaltungen zur politischen Bildung der Schüler, die die beiden Schulen in der Vergangenheit durchgeführt haben. Folgende Kandidaten nahmen an der Podiumsdiskussion teil: Frau D. Graetz (Bündnis90/Die Grünen), Herr M. Vilvoye (parteilos), Frau N. Stercken (FDP), Herr P. Haas (SPD), Herr P. van den Berghe (Dein Stolberg), Herr M. Hennig (CDU) und Herr N. Jansen (AfD).
Nach der Begrüßung und einer kurzen Vorstellungsrunde wurde es ernst für die Politiker. In vorher von den Schülern vorbereiteten Themenfeldern mussten sich die Anwesenden den Fragen der Jugendlichen stellen. Es ging um Kultur, Sport und Tourismus, Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung, Infrastruktur, Verkehr und Stadtentwicklung sowie um Integration.
In der Debatte zur Integration zeigten sich Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten in den Aussagen der Kandidaten. So stellte D. Graetz heraus, dass verschiedene Kulturen gut zusammen funktionierten, die Stadt solle die Rahmenbedingungen dazu schaffen. N. Stercken ergänzte, dass Integration funktioniere, wenn beide Seiten es wollen. Allerdings dürfe keine Einseitigkeit der Bemühungen vorliegen. Aus ihrer Sicht wollten sich einige Menschen einfach nicht integrieren. Der amtierende Bürgermeister P. Haas machte klar, dass wir Migranten brauchen. Er verwies auf Erfolge im Rahmen der Integration in seiner Amtszeit, erläuterte aber auch auftretende Schwierigkeiten. Es sei eine große Herausforderung, alle Menschen zu erreichen. Ferner spiele die Finanzierung von Sprachkursen und die erfolgte Kürzung von finanziellen Mitteln eine wichtige Rolle. Generell müsse man Projekte vor Ort initiieren, damit Integration über Sprache, Arbeit und Beteiligung erfolgen kann. P. van den Berghe hielt fest, dass man bei der Integration viel mehr auf Gemeinsamkeiten als auf Unterschiede schauen sollte. Laut M. Hennig müsse im Bereich Integration mehr getan werden. Gemeinsame Anstrengungen seien erforderlich, um die Herausforderungen zu bewältigen. N. Jansen erklärte, seine Partei habe nichts gegen Migration, und M. Vilvoye sprach die Jugendlichen direkt an, denn sie sollten grundsätzlich mehr eingebunden werden.
Die Diskutierenden gingen auch auf aktuelle Probleme ein. Besonders die Nutzung von Sporthallen wurde thematisiert. M. Hennig sprach an, man müsse andere Unterbringungsmöglichkeiten als Sporthallen für Flüchtlinge finden. Das sah auch P. van den Berghe so.
Angesprochen auf die Integrationsklassen in den Schulen, sagte M. Hennig, Sprache sei der Schlüssel für die Integration. Auch N. Stercken sieht in der Sprache die Basis für eine gelungene Integration. Die Schüler sollten so schnell wie möglich in die Regelklassen eingebunden werden. P. Haas sieht die Integrationsklassen als riesige Herausforderung im System Schule. Es sei wichtig, die Schüler schnell in die Regelklassen zu integrieren. Allerdings wies er auch auf das Fehlen von Pädagogen hin. M. Vilvoye machte den Vorschlag, man könne mehr auf Ehrenamtler zurückgreifen, auch in den Integrationsklassen. Ehrenamtliche Strukturen seien bereits existent, so P. Haas. Gerade im Rahmen des Spracherwerbs sei dies wichtig. M. Hennig forderte einen höheren Stellenwert für das Ehrenamt ein.
Im Bereich der Sicherheit drehte sich die Diskussion schnell um den Bereich der Mühle. Einigkeit bestand darin, dass in diesem Teil der Stadt Handlungsbedarf besteht. Die Frage nach einer generellen Videoüberwachung beantwortete N. Jansen mit einem „Ja“. Allerdings müssten diese Kameras funktionieren. Für N. Stercken sei der Kameraeinsatz lediglich das letzte Mittel der Wahl. P. van den Berghe wies darauf hin, dass ein in der Vergangenheit erfolgter Kameraeinsatz wenig gebracht habe und die Verbrechen nicht zurück gegangen seien. D. Graetz ergänzte, dass man sich an Vorschriften halten müsse und dass eine Langzeitnutzung von Kameras problematisch sei. Außerdem würden Kameras aus ihrer Sicht eher zu einer Problemverlagerung, denn zu einer Problemlösung führen. M. Vilvoye sprach sich unterdessen für eine stärkere Präsenz des Ordnungsamtes aus. P. Haas thematisierte die Wichtigkeit von Kontrolle. Präsenz sei relevant. Er verwies aber auch auf Erfolge. Es sei schon viel passiert in diesem Stadtteil, u. a. die Aufwertung der Salmstraße, und das sei auch gut so. Es habe objektive Verbesserungen gegeben, jetzt müsse sich nur noch die subjektive Wahrnehmung verbessern. Laut D. Graetz sei die Mühle kein Stadtteil, den man meiden sollte. Sie appellierte, dass man im Kopf keine Grenzen schaffen solle. M. Hennig nutzte diesen Themenbereich für eine Attacke. Unter dem Vorgänger von P. Haas (T. Grüttemeier) habe es bereits Konzepte zur Verbesserung der Lage an der Mühle gegeben, diese seien aber nicht weiterverfolgt worden.
Zur grundsätzlichen Erhöhung der Attraktivität Stolbergs v. a. für Jugendliche sagte P. Haas, die Flutkatastrophe habe dazu geführt, dass Projekte zurückgestellt werden mussten. Allerdings werde aktuell daran gearbeitet, die Stadt für Jugendliche lebenswerter zu machen. So werde u. a. eine Skater-/Pumptrack-Anlage geschaffen. D. Graetz fügte hinzu, dass durch die Flutschäden immer noch Kapazitäten gebunden werden würden. Für P. van den Berghe sei grundsätzlich der Input von Jugendlichen wichtig, damit man auf ihre Interessen eingehen könne.
Nach den vorgefertigten Fragen in den vier Themenbereichen konnten die anwesenden Schüler Fragen stellen. U. a. wurde gefragt, warum in/um Stolberg so viele Baustellen gleichzeitig errichtet werden würden. Diese stellten doch häufig erhebliche Einschränkungen dar. Bürgermeister Haas zeigte Verständnis für den Unmut, machte aber auch klar, dass gewisse Baustellen (z. B. Kanalarbeiten) einfach sein müssten. In den letzten 20-30 Jahren sei wenig in die Infrastruktur investiert worden, das müsse nun aufgearbeitet werden. Dem stimmte D. Graetz zu. Es bestehe z. T. ein Sanierungsstau und somit Handlungsbedarf. Die Herausforderung sei, die Baustellen so zu planen, dass nicht so viele Einschränkungen aufkommen. P. van den Berghe ergänzte, dass man verkehrsplanerische Lösungen finden müsse, damit man schnell an den Baustellen vorbeikommen könne. Grundsätzlich wurden verschiedene Fragen vom Publikum gestellt. Dies zeigt, dass sich die Jugendlichen Gedanken über ihre Stadt machen. Bei der Veranstaltung wurde deutlich, dass das Interesse an Politik und besonders an Kommunalpolitik bei den Jugendlichen vorhanden ist und sie sich aktiv mit relevanten Inhalten auseinandersetzen.
In ihren Abschlussstatements konnten die Politiker am Ende der Veranstaltung nochmal versuchen zu punkten und die anwesenden Schüler von sich zu überzeugen.
Bei der abschließenden zweiten Abfrage, wer denn schon wisse, wen er/sie wählen wird, standen fast alle Schüler auf, womit sie signalisierten, dass sie sich schon entschieden haben. Das war eine massive Veränderung zu der ersten Abfrage vor der Diskussion, als nur sieben Schüler aufgestanden sind. Das betont den Wert einer solchen Podiumsdiskussion im Rahmen der Entscheidungsfindung bei der Kommunalwahl im Konkreten und der politischen Bildung im Allgemeinen. D. Graetz brachte es auf den Punkt: „Bitte geht demokratisch wählen!“
Wir freuen uns sehr, dass sich die Kandidaten die Zeit genommen haben, um gemeinsam mit unseren Schülern über die Zukunft der Stadt Stolberg zu diskutieren.
Text und Fotos: D. Fischer